Hinter Gitter, war heute das Motto in unserem Quartier. Nichts ging mehr für die, die gerne motorisiert wohin wollen. So konnte sich der eine oder andere im gepflegten Schweizerdeutsch über unfähige, schikanöse, arrogante Behörden auslassen. Derweilen Er oder Sie, sich zu Fuss zum Einkauf in die Stadt begeben mussten. Die sonst so zahlreich losziehenden Autos konnten auf Sperrflächen und Tiefgaragen stehen bleiben. Zwecklos loszufahren, spätestens an quer über die Ausfallstraße gestellten Gitter gab es kein Weiterkommen mehr.
Die Gettoisierung nahmen einige Anwohner zum Anlass, sich bei Schaumwein frühmorgens im Freien zu treffen. Dabei wurde ausgiebig über Anwohner gewitzelt welche die Ankündigung der Behörden in Zeitung, auf Flugblättern, am Radio oder im Internet nicht gelesen, gehört und ernst genommen hatten.
Zwischenzeitlich fuhren Einzelne oder ganze Grüppchen der Sperrenverursacher vorbei. Die wurden von den Angeheiterten in ihrem Tun mit lauten Hopp-hopp-Rufen oder spöttischen Kommentaren bedacht. Mancher orderte gleich noch eine Grillwurst beim cleveren Gastwirt Richard, der sonst am Samstag sein Lokal geschlossen hält. Heute aber zur Freude von Bekannten und Freunden wenigstens seine Terrasse öffnet.
Der einsetzende Regen scheucht die Gesellschaft unters Vordach. Von dem Standort kann die Rennstrecke nicht mehr richtig eingesehen werden. Schnell sind die anwesenden Radler-Senioren in Gespräche über vergangene Ausfahrten vertieft.
Zufrieden über den gelungenen Tagesauftakt begibt man sich gegen Mittag auf anders Terrain. Der Prolog der Tour de Suisse ist inzwischen in vollem Gange. Die Profis lösen in immer schneller werdenden Vorbeifahrten die 800 Jedermannfahrer ab.
Müller stellt sich in eine der schwierig zufahrenden Kurven um später die im Rennmodus heranbrausenden Radprofis ins richtige Licht seiner Kamera zu rücken. Auch eine gute Gelegenheit seine Kamera bei Aufnahmen sich schnell bewegender Objekte anzuwenden. Dort haben sich bereits am Vorabend belgische Fans hingestellt.
Fotografen legten sich teils so nahe an den Rennstreckenrand, dass die Rennfahrer fast über sie hinwegrollend mussten.
Geduldig harren viele Zuschauer bis zum Schluss der Veranstaltung auf ihren Plätzen aus. Gewonnen hat mit 0,69 Sekunden Vorsprung, der Schweizer Fabian Cancellara, der auf dem folgenden Bild, als zweitletzter Fahrer Müllers Kamera passiert.
Nun kann der Müller die 500 Meter nach Hause laufen. Für heute hat auch er genug von Radfahrern. Etwa wie die Quartierbewohner, die schon am frühen Morgen Rennradler ins Pfefferland gewünscht hatten.