Ihr erinnert euch an meinen Zettel mit der Notiz um die Begegnung mit der Pferdeherde in Tunesien? Wer glaubt Müller habe auf dem Absatz kehrt gemacht und die Einladung der beiden Pferdeführer ausgeschlagen, der lasse sich beim Lesen der nächsten Notiz überraschen.
Pünktlich wie besprochen, trifft dieser am anderen Morgen bei der Flussmündung ein. Derjenige der Männer, die ihn am Tag zuvor auf seiner Laufrunde erstarren liessen und anschliessend zum Reiten einlud, dieser Mann führt Müller zu einer der Mauern die das Flussbett begrenzen.
„Steig auf die Mauer, dann ist es einfacher“, rät er ihm. Kaum steht der oben, biegen sie bei der Flussmündung vorne um die Ecke und bleiben kurz darauf in einer Reihe an der Mauer stehen. Müller setzt sich, hat kaum die Füsse durch die beiden Bügeln gesteckt, schon läuft die Karawane wieder los.
Das Flussbett mit seinen Mauern als Uferbegrenzungen eignet sich dank nur wenigen Unterbrüchen vorzüglich um Touristen alleine reiten zu lassen. Die selbstsicheren Pferde wissen ab der Art und Weise wie sich ein Reitgast in den Sattel gesetzt hat, was sie mit ihm anstellen können. Von den Gästen mit Reiterfahrung spüren sie im Nu wo es lang geht und kriegen Schenkel und Fersen zu spüren. Mit den Unerfahren jedoch treiben sie allerlei Spiele.
Die einfachste solcherlei Spielereien ist das Stehenbleiben, sich nicht vom Fleck bewegen. Ein Andere, Laufen wohin Pferd gerade Lust hat. Weitere sind, nahe an Dornengestrüppen vorbei gehen, damit sich die leicht bekleideten Touristen die Haut ritzen. Oder den Hals drehen und nach den Füssen des Reiters schnappen.
Müller muss einsehen, dass er kein Meister des Reitfaches ist. Sein Beisser schnappt mal von links, mal von rechts nach seinen Füssen. Bleibt stehen oder läuft im flotten Trab sobald er die Lücke in den Ufersteinen findet die Böschung hoch. Hilflos schaut Müller zurück. Versucht mit „Brrrrrr…Hohhh“ rufen und Zug an beiden Zügeln der Lage Herr zu werden. Das Pferd unter ihm reagiert nicht wie gewollt. Viel mehr wird es angestachelt noch mehr zu bocken. Alle beschriebenen Faxen werden angewendet. Pferd um Pferd beginnen sich störrisch zu gebärden und ist von den Unerfahrenen nicht zu bändigen. Beiden Pferdeführer amüsieren sich erst köstlich. Wie ihre Gäule in alle Himmelsrichtungen davon zulaufen, reisst ihnen der Geduldsfaden. Mit Pfiffen und Peitschenschwingen untermalt von Wortfetzen die sich wie derbe Flüche anhören, rufen sie die Widerspenstigen mit den hilflosen Reitern zurück ins Flussbett. Dabei scheut von allen Müllers Gaul am heftigsten. Einer der Begleiter muss das Pferd an den Zügel, samt dem sich ans Sattelhorn Klammernden , vom Hügel runter bringen.
Unten angelangt winkt er Müller vom Beisser, der sich aus Hohn wiehernd abwendet. Da geschieht etwas Unerwartetes. Der Begleiter drückt dem Unbeholfenen die Zügel seines arabischen Halbblutes in die Hand und heisst ihn aufsteigen. Zögerlich zieht sich Müller in den Sattel. Es fühlt, sich oben angekommen, ganz anders wie auf dem Beisser an. Das Halbblut reagiert auf den kleinsten Schenkeldruck. Läuft los wenn sich sein Reiter etwas nach vorne beugt und seine Fersen nur andeutungsweise nach hinten bewegt. Es hält an, wenn er sich zurück lehnt und die Zügel gleichmässig sanft zu sich zieht.
Schliesslich lässt es sich ohne störrisches Gehabe, vom Reiter der die Zügel nur noch in einer Hand hält, in jede gewünschte Richtung bewegen.
So nimmt die erste Reitstunde, die auch die Letze in Müller bisherigen Daseins ist ein versöhnliches Ende.