Fährt Müller am Wochenende mit dem Wohnmobil auf den Monte Ceneri im Tessin, erlebt er garantiert einiges. Die Rede ist nicht vom Wohnmobil-Stellplatz welcher unmittelbar an die Hauptstrasse grenzt.
Nicht von den sportlichen Nachbarn welche sich angespannt auf das Mountain-Bike-Rennen vorbereiten. Dabei allerlei Aktivitäten entwickeln, wie Laufräder putzen, zentrieren oder einfahren, auf Rollen im Stile der Strassenrennfahrer vor einem wichtigen Zeitfahren ihre Muskeln auf Betriebstemperatur bringen, über Streckenverläufe vergangener und kommender Rennen diskutieren, lautstark neuste Bremshebel und andere leichte Zubehörteile gut oder schlecht finden usw. Nicht über die Landschaft in der Magadino-Ebene gibt es zu reden. Obschon diese sich im nicht frühlingshaften Kleid präsentiert und noch einige braunen Flecken aufweist. All das ist nicht der Rede wert.
Die Erlebnissen die den erwarten, der am Sonntagabend aus der schweizerischen Sonnenstube über die Autobahn auf die andere Alpenseite fahren will. Um die geht es Müller.
An Staustehen am südlichen Gotthard-Strassentunel-Portal könnte er sich gewöhnen. Aber nicht an die Verkehrsteilnehmer, die glauben in die Zeit des Wilden Westens zurück versetzt zu sein. Sie glauben das Recht des Stärkeren sei wieder gültig. Es gelte jeden schnellstmöglich auszutricksen um zu überleben. Es wird mittels Fahrt durch die Raststätte die stehende Doppelkolonne rechts überholt. Von der rechten zur linken Fahrspur gewechselt um den von rechts aus der Raststätte drängenden auszuweichen. Was dazu führt, das die rechte Spur wieder schneller vorwärts kommt und sie nun von links, wiederum zurück nach rechts fahren wollen.
Haben sich die Gemüter etwas beruhigt, steht die nächste Bewährung an. Die Fahrzeuge die über die Hauptstrasse die Autobahn umfahren haben, drängen wiederum von rechts heran. Die Fahrer die schon zähneknirschend den Raststätten-Rechtsüberholern platzgemacht haben, schauen nun stur nach links und kümmern sich nicht um die Eindringlinge von rechts. Das Spiel wird schliesslich behördlich, mittels einem Lichtsignal zu Ende geregelt. 30 Sekunden bekommt die linke, 30 Sekunden die rechte Spur freie Fahrt um durch das Tunnelportal in der langen Röhre zu verschwinden. Dort geschieht seltsames.
Statt erlaubte Höchstgeschwindigkeit zu fahren wird unter 60km/h dahin gerollt. Als ob vorher keine Eile da war.
Komische Leute diese Fahrspur-Rowdies. Gewinnen vorher unter fragwürdigem Einsatz Zeit die sie nun in der Tunnelröhre verbummeln?
Vielleicht haben sie Angst im Dunkeln und können nur bei Tageslicht schnell fahren.
Der Tunnel ist taghell erleuchtet, jedoch über 16km lang und wahrscheinlich nicht bei jedem Fahrer beliebt.